Am Ende die Rache by Dützer Volker

Am Ende die Rache by Dützer Volker

Autor:Dützer, Volker [Dützer, Volker]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: dp DIGITAL PUBLISHERS
veröffentlicht: 2024-01-04T00:00:00+00:00


20

Dirk Lieven meldete sich an der Pforte der Justizvollzugsanstalt Koblenz an und wies sich als Rechtsanwalt aus. Der Beamte hinter dem Schalter führte mehrere Telefonate und ließ ihn eine geschlagene Stunde warten, bevor er ihn in einen Besucherraum führte, nachdem Lieven sich ausgewiesen hatte und gründlich durchsucht worden war.

Das trostlose Zimmer mit dem vergitterten Fenster maß drei mal vier Meter und war kärglich möbliert. Die Neonröhre über dem Tisch flackerte und knisterte. Außer einem zerschrammten Tisch, dessen billige Resopalplatte mit Brandflecken übersät war, und zwei Stühlen gab es nur ein weiteres Möbelstück. Auf einem Plastikstuhl neben der Tür hockte ein Vollzugsbeamter und ließ ihn nicht aus den Augen.

Er stellte seinen Aktenkoffer auf den Tisch und wartete.

Nach zehn Minuten führte ein Beamter Shadi Seeger in den Raum. Als sie Lieven erkannte, zögerte sie.

»Bitte setzen Sie sich«, sagte er.

»Ich brauche keinen Anwalt.«

Er ließ die Schlösser seines Aktenkoffers aufschnappen und entnahm ihm einen Plastikordner. »Ihnen werden drei Kapitalverbrechen zur Last gelegt. Und – bei allem Respekt – Sie sehen aus, als ob Sie gleich zusammenklappen würden.« Er blickte auf. »Alles in allem … nein, Sie haben recht, Sie brauchen keinen Anwalt.«

»Sind Sie hergekommen, um sich über mich lustig zu machen?«

»Ich bin hier, weil ich Ihnen helfen will.«

»Wo haben Sie denn Ihren schicken Anzug gelassen?«

»Eine Lederjacke erschien mir passender.« Lieven schaute sie lange an. Er war fasziniert von dieser Frau. So sehr, dass er aufpassen musste, seinen kühlen Kopf nicht zu verlieren. Denn gerade den würde er jetzt brauchen. »Sie wollten doch immer schon mal nach Italien. Florenz, Mailand, Rom.«

»Na und?«

»Wenn das hier vorbei ist, lade ich Sie ein. Die Uffizien, den David, Michelangelos Pietà, all die wunderbaren Kunstwerke wollte ich schon immer mal sehen. Mit einer fachkundigen Reiseführerin wird die Reise gleich doppelt so viel Spaß machen.«

»Hören Sie endlich auf, mich anzumachen. Was wollen Sie?«

»Okay, Shadi. Sie stecken ziemlich tief im Dreck. Es wird ein hartes Stück Arbeit, Sie wieder herauszuziehen.«

»Ich kann mir keinen Anwalt leisten.« Sie musterte ihn verächtlich. »Schon gar keinen Promi-Anwalt, wie Sie einer sind. Wie hoch ist Ihr Stundensatz? Zwei-, dreihundert Euro? Oder mehr?«

»Wenn Sie mich nach Italien begleiten, ist mir das Lohn genug. Zerbrechen Sie sich nicht den Kopf über Geld.«

Sie verschränkte die Arme vor der Brust und funkelte ihn misstrauisch an. »Sie vergeuden Ihre Zeit«, sagte sie. »Die haben längst das Urteil gefällt.«

»Wenn Sie sich dessen so sicher sind, welche Strategie schlagen Sie anstelle einer guten Verteidigung vor? Ausbrechen vielleicht?«

Sie lächelte schief, aber es sah ziemlich unecht aus. »Keine schlechte Idee. Ich kann klettern wie ein Eichkätzchen.«

Er nickte. »Einen Versuch wäre es wert.« Er warf dem Beamten neben der Tür einen raschen Seitenblick zu. Der Mann spitzte bereits die Ohren. »Aber ich schätze, Sie werden nicht weit kommen. Das hier ist kein Räuber-und-Gendarm-Spiel. Die Vorwürfe gegen Sie sind schwerwiegend. Die Staatsanwaltschaft wird einen wasserdichten Indizienprozess eröffnen.«

»Warum willst du dann meine Verteidigung übernehmen, Superanwalt?«

Lieven ergriff die Chance und erwiderte das Du. »Ich lasse niemals eine Gelegenheit aus, um einen Fehler zu korrigieren, den ich begangen habe. Und ich lasse mich nun mal nicht gerne hinters Licht führen.



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